Reisebericht Tag 6 und 7 - Chugach Mountains

29. Juli 2004:

Morgens sieht alles nach einer Wiederholung des Katmai-Wetters aus. Dunkle Wolken hängen tief am Himmel, verschonen uns aber zumindest beim Abbau der Zelte, die ein wenig trockener sind als am Tag zuvor. Martins Gepäck, das seit dem 1. Tag gefehlt hat, ist glücklicherweise aufgetaucht. Nach üppigem Frühstück geht es gegen 9 Uhr los in Richtung Osten. Über den gut ausgebauten Glenn Highway fahren wir in den Chugach State Park und laufen am Eagle River den Albert Loop Trail. Es scheint, als ob der Wettergott heute ein Einsehen mit uns hat, denn als wir den Trailhead erreichen, lugt die Sonne aus den Wolken hervor.

Uns erwartet eine herrliche Landschaft mit kleinen beachtenswerten Details wie Wildblumen (Fireweed = Waldweidenröschen, Watermelon), Käfern, Vögeln (Specht) und zwei etwas größeren Höhepunkten. Auf halber Strecke steht eine Elchkuh mit einem Jungen keine 10 Meter entfernt im Gebüsch und betrachtet uns mißtrauisch. Wir ziehen uns vorsichtig zurück, denn eine Elchmama kann genauso gefährlich sein wie eine Bärenmutter, wenn sie ihr Kind bedroht sieht. Glücklicherweise ist dies hier nicht der Fall, die Elchkuh beachtet uns nicht mehr, als wir den Weg weiter gehen.

Am Matanuska River entlang geht es nachmittags weiter nach Osten. Wir erhaschen einen ersten Blick auf den spektakulären Matanuska Gletscher. Ein Talgletscher, 40 Kilometer lang, am Ausgangspunkt 6 Kilometer breit. Das Eis glänzt blau, da durch die hohe Dichte nur die blauen Strahlen des Farbspektrums reflektiert werden, alle anderen Farben werden vom Eis förmlich geschluckt.

Weiter zum Glacier Park Campingplatz. Naja. Campingplatz trifft es nicht ganz. Wir schlagen unsere Zelte mitten in der freien Natur auf. Weit und breit ist außer einem Plumpsklo nur grandiose Landschaft zu sehen. Ein 360 Grad Panorama mit wunderschönen Aussichten in jeder Richtung. Berge, Wolken, Sonne, Blumen, Vögel und Moskitos. Es ist alles da, was das Leben im Freien angenehm macht. Und - um nochmals etwas zum Wetter zu sagen: nach Anchorage am 1. Tag ist es heute nachmittag zum ersten Mal richtig schön. Was uns recht glücklich stimmt. Denn hier, ohne Unterstand, wäre schlechtes Wetter a la Katmai wirklich tödlich.

Am Abend sind Raute (unsere Österreicherin), Wolfgang (unser Hanseate) und ich an der Reihe, für Nahrung zu sorgen. Wir schnappen also unser Gewehr und gehen auf Jagd. Irgendein Bär wird doch zu erlegen sein, oder? Als uns dies wider Erwarten nicht gelingt, ändern wir die Planung. Wir fangen an mit Tortillachips samt Dips (das ist noch einfach), als Hauptgericht gibt es dann Tortillas zum selbstbelegen mit Putengeschnetzeltem und allem, was die Gemüsetheke hergegeben hat. Und den krönenden Abschluss bilden Palatschinken mit heißen Heidelbeeren. Passend zum guten Essen bietet uns die Natur noch einen tollen Sonnenuntergang.

30. Juli 2004:

Ein gemütlicher Tag bahnt sich an. Er beginnt mit Frühstück in leichtem Nieselregel, nicht stark genug, um uns zu ängstigen. Ich sage ein Aufreißen der Wolken um 10 Uhr voraus - und das will bei meinem angeborenen Pessimismus etwas heißen. Sieben von uns haben sich für teures Geld (ca. 75 Dollar) zum Rafting angemeldet. Ich will dies meinem Geldbeutel und meinem Rücken nicht antun, denn auf dem Matanuska River gibt es Stromschnellen bis zur Klasse 4. Ein bißchen viel für meinen Geschmack. Wobei es unseren Wasserfröschen gut gefallen hat, das Rafting sei also allen Wasserfreunden ans Herz gelegt.

Wolfgang und ich machen mit Werner, unserem zweiten Fahrer, der seit fast 20 Jahren Reiseleiter ist und sich auf eine andere Tour in Alaska vorbereiten soll, eine kleine Rundfahrt mit dem Auto und wandern an einigen Beobachtungspunkten, von denen der Matanuska Gletscher gesehen werden kann. Auch hier gibt es viele Kleinigkeiten in der Natur zu bestaunen. Die geplante Besteigung des Lion Head erweist sich leider als unmöglich, weil entgegen unserer Informationen der Weg nach oben gesperrt ist.

Gegen Mittag fahren wir schon mal zum Gletscher, bevor die anderen vom Rafting zurückkommen. Das Wetter ist noch nicht wirklich stabil und bevor es nachher regnet, gehen wir einfach auf Nummer Sicher. Aber wir haben auch am Nachmittag großes Glück. Als die ganze Gruppe vor dem Gletscher steht, lugt immer wieder die Sonne aus den Wolken hervor und ermöglichst faszinierende Aussichten auf das blau-weiß strahlende Eis.

Mit Wanderschuhen und teilweise Stöcken bewaffnet wagen wir uns aufs Eis. Weit kommen wir ohne Steigeisen nicht - das wäre einfach zu gefährlich - aber auch so ist es ein Erlebnis, auf dem Gletscher zu wandern. An manchen Stellen müssen wir uns mit Händen und Füßen festhalten, um nicht wegzurutschen, doch alle bleiben heil. Wer mehr Zeit übrig hat, kann übrigens auch eine geführte Tour mit den Micaguides unternehmen. 90 Minuten zum Hidden Lake kosten 30 Dollar und sollten sich unbedingt lohnen.

Beim Zubereiten des Abendessens schaut uns ein kleiner Vogel zu. Heute abend gibt es Werners Lammeintopf mit grünen Bohnen und Bettinas frischen Tomatensalat mit Oregano. Sogar mir schmeckt er und ich bin kein Fan von Tomaten in kaltem Zustand (außer in Ketchup). Sonne, Wolken und Regentropfen wechseln sich ab. Alaska-Wetter eben.


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